Von Gestern bis Heute

Ein geschichtlicher Abriss

 

Zahlreiche Funde von Steinwerkzeugen der mittleren und jüngeren Steinzeit, sowie etwa 30 Hügelgräber aus der Bronzezeit beweisen, dass schon zu diesen Zeiten Menschen hier gelebt haben. Die ersten Siedler fanden in der sumpfigen Talaue der Nette das zum Leben notwendige Wasser und den fruchtbaren Lößboden in der Umgebung. Auf die Aue der Nette deutet auch der Ortsname hin („Ried“-„In den Rieder“ = Sumpf, feuchtes Land). Erstmals wurde das heutige Rhüden 826 und 853 urkundlich erwähnt. Damit ist Rhüden der zweitälteste genannte Ort im historischen „Ambergau“. Tatsächlich wurde er Ort aber weit früher gegründet.

Zwei Orte – eine Gemeinsamkeit

Die St. Martini Kirche wird aus karolingischer Zeit stammen, als Karl der Große hier in Sachsen / Ostfalen mit Gewalt das Christentum einführte. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam es im Zuge der Teilung des „historischen Ambergau“ zwischen den „Braunschweiger Herzögen“ und dem „Fürstbischof von Hildesheim“ auch zur Teilung des Ortes in Groß und Klein Rhüden. Als Grenzverlauf diente der damalige Flusslauf der Nette. Die Trennung sollte fast 700 Jahre andauern und führte, weil diese Grenze auch zugleich Landesgrenze/ Zollgrenze war, im Laufe der Zeit zu vielen kuriosen Vorfällen und Verwicklungen. Trotzdem gab es Gemeinsamkeiten: Seit altersher – bis heute – besteht ein gemeinsamer evangelischer Pfarrverband beider Rhüden zusammen mit dem Nachbarort Wohlenhausen. Ebenfalls gemeinsam wurde die 1596 gegründete Schule unterhalten. Bis 1893 wurden die Kinder beider Orte gemeinsam unterrichtet.

Rhüden in Flammen

In der „Hildesheimer Stiftsfehde“ (1519 bis 1523) wurde Groß Rhüden abgebrannt und auch im 30-jährigen Krieg hatten beide Orte unter den Kriegslasten und der Willkür marodierender Soldateska zu leiden. Durch die enge Bebauung, Strohdächer und offene Feuerstellen kam es oft zu größeren Bränden, doch die größte Feuerkatastrophe kam 1834, als in einer Nacht der größte Teil beider Orte ein Raub der Flammen wurde. Fast 700 Einwohner waren obdachlos geworden. Die ebenfalls abgebrannte Kirche konnte erst 1888 an gleicher Stelle im „Neugotischen Stil“ (eine der vielen „Hase-Kirchen“, Conrad Wilhelm Hase, 1818-1902, königlicher Baurat und Konsistorialbaumeister der hannoverschen Landeskirche) neu errichtet werden. Bis dahin diente die St.Georg Kapelle in Groß Rhüden als Versammlungsort der evangelischen Kirchengemeinde. Um diese Kapelle herum lag auch der von Groß Rhüden und Wohlenhausen genutzte „Kerkhoff“ (Friedhof).

Florierende Zeiten des Bergbaus

Ursprünglich waren beide Orte landwirtschaftlich und handwerklich geprägt. In Groß Rhüden bestand von 1689 bis 1865 eine gut florierende Saline, eine Anlage zur Gewinnung von Salz. Von 1860 an bis etwa 1950 gab es mehrere Tabakmanufakturen/-fabriken, die vielen Einwohnern Arbeit gaben. Durch den Bau der Bahnverbindung Seesen-Derneburg erhielt Groß Rhüden 1887 einen Bahnhof/Bahnanschluss der sich auf die Wirtschaft fördernd auswirkte. Durch die Erkundung des Kaliflözes unter Rhüden begann 1896 ein neues Zeitalter für beide Orte. Bis 1924 bestand ein Kalischacht mit angeschlossener Chlor-Kaliumfabrik. Dies brachte einen großen Aufschwung für den Ort und seine Umgebung. 700 Arbeitsplätze brachten in der Folge eine starke Erhöhung der Einwohnerzahlen. Es entstanden neue Straßen mit Neubauten und die sogenannte „Kolonie“ mit Häusern für die Bergarbeiter. Dies brachte natürlich viele Umwälzungen für die Orte. Ziemlich gleichzeitig florierten in Klein Rhüden von 1880 bis 1930 die „Rhüdener Thonwerke“ mit ca. 170 Arbeitsplätzen. Nachdem Kaliindustrie und „Thonwerke“ ihre Produktion einstellten, entstand eine große Arbeitslosigkeit.

Nach dem 2. Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl beider Rhüden durch den Zustrom der Vertriebenen und Flüchtlinge auf ca. 5.200 an. Zahlreiche neue Siedlungen und bebaute Straßen entstanden. Durch den einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung fanden ab der 1950er-Jahre wieder viele der Vertriebenen Arbeitsplätze außerhalb des Einzugsgebiets von Rhüden und so nahm auch die Einwohnerzahl wieder ab. Durch den Wegfall größerer industrieller und bergbaulicher Betriebe und Produktivitätssteigerungen gingen in viele industriellen Großbetrieben der Umgebung Arbeitsplätze verloren und der einsetzende demographische Wandel führte dazu, dass die Einwohnerzahl aktuell (März 2018) bei 2.749 liegt.

Aus Zwei mach Eins

Verwaltungsmäßig gehörte Groß Rhüden zum ehemaligen Fürstbistum Hildesheim – später Königreich Hannover – dann Regierungsbezirk Hildesheim und war dem Kreis Marienburg – später Kreis Hildesheim-Marienburg – zugehörig. Die Gemeinde Klein Rhüden gehörte zum Herzogtum Braunschweig – später Freistaat Braunschweig – und war dem Landkreis Gandersheim zugehörig. In der in den Jahren 1972 bis 1978 durchgeführten „Niedersächsischen Gebiets- und Verwaltungsreform“ wurden beide Orte zusammengeführt und gehören seit 1976 zur „Einheitsgemeinde Stadt Seesen“ und bilden zusammen den „Ortsteil Rhüden“.

Der Ortsteil Rhüden präsentiert sich heute als größter Ortsteil der Stadt Seesen mit allen Einrichtungen, die für einen Ort dieser Größe wichtig sind. Es gibt einen Kindergarten, eine Grundschule, Sportzentrum mit Sporthalle, zwei Fußballplätze, einen Tennisplatz, Kleinspielfeld, Leichtathletik-Flächen und ein Schützenhaus mit Bogensportanlage, dazu ein Freibad. Eine Freiwillige Feuerwehr, Heimatmuseum, Arzt und Zahnarzt, Apotheke, Banken, Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen, Handwerksbetriebe und produzierendes Gewerbe runden das Bild ab. Unterschiedlichste Vereine bereichern das örtliche Freizeitangebot. Die in Rhüden ansässigen etwa 18 landwirtschaftlichen Betriebe sind hauptsächlich auf den Ackerbau ausgerichtet. Erzeugt werden überwiegend auf guten Lößstandorten Weizen, Gerste, Zuckerrüben und für eine Biogasanlage Mais. Ferkelproduktion, Milchviehhaltung, Rinder- und Schweinemast sind als weiteres Standbein der Erzeugung in einzelnen Betrieben vorhanden.

Die Autobahnabfahrt der A 7 gewährleistet eine gute Erreichbarkeit der Wirtschaftsräume Hildesheim/Hannover, Salzgitter/Braunschwieg/Wolfenbüttel und Seesen/Northeim/Göttingen. Die Wirtschaftsstandorte Bad Gandersheim, Einbeck und Alfeld sind über Bundes- und Kreisstraßen in 20 bis 40 Minuten erreichbar. Auch die Busanbindungen u.a. über die B 243 in Richtung Hildesheim und Seesen gewährleisten eine gute Mobilität.
Rhüden ist heute ein lebendiger, attraktiver und lebenswerter Ort.
Urtext: Friedrich Wilhelm Harenberg Ergänzungen: Ernst Pahl